Das Verbindende und der Bindestrich

Bindestrich

Der Bin­de­strich soll ver­bin­den, und zwar Bestand­teile von Zusam­men­set­zun­gen. Bei des­sen Ver­wen­dung kann jedoch eini­ges so falsch gemacht wer­den, dass er eine gegen­tei­lige, also tren­nende Wir­kung erhält. Ein Bei­trag über die kor­rekte (und fal­sche) Zeichensetzung.

Falscher Bindestrich in der Heute-Show
Ein Bin­de­strich, der mehr trennt als ver­bin­det, gese­hen in der „Heute-​Show“ vom 23. Sep­tem­ber 2016 (eige­nes Werk)

Um die ein­zel­nen Bestand­teile (Kom­po­si­tum) von Zusam­men­set­zun­gen, den Kom­po­sita, mit­ein­an­der zu ver­bin­den, set­zen wir einen Bin­de­strich. Im Gegen­satz zur Bedeu­tung sei­nes Fach­be­griffs Divis (vom latei­ni­schen divi­dere für „tei­len“) soll er die Zusam­men­ge­hö­rig­keit von Wort­tei­len und zusam­men­ge­setz­ten Begrif­fen stär­ken. Und zwar ohne Leer­zei­chen davor und danach! In der deut­schen Spra­che und deren Recht­schrei­bung bzw. Zei­chen­set­zung wer­den vor Satz­zei­chen näm­lich keine Leer­zei­chen gesetzt, also auch und gerade nicht beim Bin­de­strich. Er soll schließ­lich ver­bin­den! Aus­nah­men gel­ten ledig­lich vor und nach dem Gedan­ken­strich –, vor der sich öff­nen­den Klam­mer ( und bei den Aus­las­sungs­punk­ten (Ellipse) …, hier aber nur, wenn sie ein gan­zes Wort erset­zen! Außer­dem wird vor dem Ergän­zungs­strich (Bei­spiel: Vor- und Nach­teile) natür­lich auch kein Leer­zei­chen gesetzt, es sei denn, der Ergän­zungs­strich steht vor einem Wort­teil.

Keine Leerzeichen beim Bindestrich!

Für den Bin­de­strich gilt das jedoch: keine Leer­zei­chen. Häu­fig gese­hen, aber falsch gemacht, ist es näm­lich, die­sen Strich, der ja ver­bin­den soll, durch Leer­zei­chen unwirk­sam zu machen. Beispiele:

Blu­men­kohl – Suppe
Diplom – Ingenieur

Solch fal­sche Anwen­dun­gen des Bin­de­strichs, bei denen die zu ver­bin­den­den Worte wie Gegen­sätze gegen­über­ste­hen, füh­ren bei auto­ma­ti­schem Zei­len­um­bruch oft­mals zu sehr unschö­nen und uner­wünsch­ten Tren­nun­gen. Zudem wird in vie­len Text­ver­ar­bei­tungs­pro­gram­men der Strich auf der Tas­ta­tur, der für den Bin­de­strich steht, beim Set­zen eines Leer­schritts davor durch einen Halb­ge­viert­strich (Gedan­ken­strich) ersetzt, wodurch völ­lig sinn­ent­stel­lende Schreib­wei­sen und grobe typo­gra­fi­sche Feh­ler entstehen.

Der Bindestrich wird verwendet

In Zusam­men­set­zun­gen mit Abkür­zun­gen, Ein­zel­buch­sta­ben und Zif­fern wie in

100-​prozentig
3‑Zimmer-​Wohnung
Dipl.-Ing.
H‑Milch
i‑Punkt

wird ein Bin­de­strich gesetzt, ebenso in sub­stan­ti­visch gebrauch­ten Wort­grup­pen wie in

das Auf-​die-​lange-​Bank-​Schieben

und natür­lich in allen ande­ren Zusammensetzungen:

Frankfurt-​Höchst
manisch-​depressives Verhalten
S‑Bahn-​Wagen

Bei Über­nah­men aus dem Eng­li­schen ist die Ver­wen­dung häu­fig frei­ge­stellt, sofern das Ver­ständ­nis nicht leidet:

Desktop-​Publishing oder Desktoppublishing
Online-​Redaktion oder Onlineredaktion
Science-​Fiction oder Sciencefiction
Stand-​by oder Standby

Um Miss­ver­ständ­nisse zu ver­mei­den, soll­ten wir mit­un­ter einen Bin­de­strich set­zen. Ein oft ver­wen­de­tes Bei­spiel hier­für ist der

Ur-​Instinkt

Dass Bin­de­stri­che auch zur Tren­nung am Zei­len­ende ein­ge­setzt wer­den, dürfte sich von selbst verstehen.

Der Bindestrich wird nicht verwendet

In Anleh­nung an Dep­pen­leer­zei­chen und Dep­pen­apo­stro­phe gibt es auch die Dep­pen­bin­de­stri­che. Bei­spiele dafür, wo wir kei­nen Bin­de­strich setzen:

Atom-​Krieg
Partei-Tag
Spar-Plan

E-Mail mit zwei Bindestrichen anstelle eines Gedankenstrichs
Zwei Bin­de­stri­che anstelle eines Gedan­ken­strichs (aus einer E‑Mail, eige­nes Werk)

Und hier vorab schon zur Typo­gra­fie: Auf kei­nen Fall soll­ten Sie zwei Bin­de­stri­che setz­ten, um den län­ge­ren Gedan­ken­strich dar­zu­stel­len! Auch wenn Sie es mit­un­ter sogar auf seriö­sen Inter­net­sei­ten wie etwa auf dem unten ver­link­ten Arti­kel auf Type­facts lesen, mag der Tipp zwar gut gemeint sein, ist des­sen Umset­zung aber für jeden guten Typo­gra­fen optisch ein Graus.

Zur Geschichte des Bindestrichs

Der Bin­de­strich wird bereits im Früh­neu­hoch­deut­schen etwa ab dem 16./17. Jahr­hun­dert ver­wen­det, wobei er frü­her häu­fig als Dop­pel­strich dar­ge­stellt wurde. Er war die dünnste Linie, die mit der Breit­fe­der geschrie­ben wer­den konnte. Zuvor wur­den Kom­po­sita schlicht zusam­men­ge­schrie­ben. Es kamen aller­dings auch Getrennt­schrei­bung, z. B. „Puls adern“, oder die Bin­nen­groß­schrei­bung (Bin­nen­ma­jus­kel), z. B. in „Land­Graff“, vor, Schrei­bun­gen also, die heut­zu­tage nicht zuletzt durch die Wer­bung lei­der wie­der in Mode gekom­men sind.

Zur Typografie des Bindestrichs

Typo­gra­fisch kor­rekt ist der Bin­de­strich ein Vier­tel­ge­viert­strich, ein kur­zer waa­ge­rech­ter Strich. Diese Bezeich­nung stammt noch aus der Zeit des Blei­sat­zes, als die Blei­let­tern, mit denen diese kur­zen Stri­che gesetzt wur­den, die Breite (Dickte) eines Vier­tel­ge­vierts hat­ten. Die Stri­che selbst waren und sind aller­dings, abhän­gig von der Schrift­art, in der Länge und Dicke variabel.

Mit der Erfin­dung der Schreib­ma­schine gab es auf die­ser nicht genü­gend Platz für alle mög­li­chen spe­zi­el­len Stri­che. Des­halb wur­den hier der Vier­tel­ge­viert­strich (das Divis) sowie die län­ge­ren Stri­che Halb­ge­viert­strich (Gedan­ken­strich, Bis-​Strich und Stre­ckenstrich) und Minus­zei­chen durch ein neues Zei­chen ersetzt: das soge­nannte Bindestrich-​Minus. Die­ses „Kompromiss-​Zeichen“ war etwas län­ger als ein typi­scher Vier­tel­ge­viert­strich und etwas kür­zer als ein typi­scher Halbgeviertstrich.

Auf der Tas­ta­tur eines Com­pu­ters kön­nen die ver­schie­de­nen Stri­che jedoch mehr oder weni­ger ein­fach in x‑beliebige Doku­mente oder auch in einen Satz ein­ge­fügt wer­den. Sogar die Mög­lich­kei­ten, soge­nannte wei­che Trenn­zei­chen oder geschützte Bin­de­stri­che zu ver­wen­den, gibt es! Sie für jeden ein­zel­nen Strich und für jedes Betriebs­sys­tem und die ver­schie­de­nen Pro­gramme auf­zu­füh­ren, sprengt hier den Rah­men. Bei Inter­esse schrei­ben Sie ein­fach einen Kom­men­tar mit Ihrem spe­zi­el­len Anliegen!

Verweise zum Thema

Ronald M. Filkas
Gelernter Schriftsetzer im Handsatz, Studium der Germanistik, zertifiziert abgeschlossene Fortbildungen „Web-Publishing Schwerpunkt DTP“ und Online-Redaktion, langjährige Erfahrungen als Schriftsetzer/ DTP-Fachkraft und als Korrektor und Lektor in Druckereien, Redaktionen und Verlagen. Mehr? Seite „Über mich“!

12 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert