Mein Name ist Hase: geflügeltes Wort, Redewendung oder Sprichwort?

Hase

Anläss­lich der noch bis zum 19. Novem­ber 2017 im Museum für Kom­mu­ni­ka­tion in Frank­furt am Main statt­fin­den­den Aus­stel­lung „Mein Name ist Hase! Rede­wen­dun­gen auf der Spur“ wol­len wir uns hier mit den Unter­schie­den zwi­schen geflü­gel­ten Wor­ten, Rede­wen­dun­gen und Sprich­wör­tern beschäftigen.

Noch bis zum 19. Novem­ber 2017 fin­det im Museum für Kom­mu­ni­ka­tion in Frank­furt die Aus­stel­lung „Mein Name ist Hase! Rede­wen­dun­gen auf der Spur“ statt. Das ist Anlass genug, sich hier ein­mal mit den Unter­schie­den zwi­schen geflü­gel­ten Wor­ten, Rede­wen­dun­gen und Sprich­wör­tern zu beschäf­ti­gen. Zumal „jeder von uns […] im Durch­schnitt hun­dert Rede­wen­dun­gen am Tag [ver­wen­det],“ wie das Museum kühn behauptet.

Die Ausstellung

Sprichwortgenerator
Ein Sprichwort-​Generator in Form eines dop­pel­ten Glücks­rads lädt zum Fin­den bekann­ter und Erfin­den neuer Sprich­wör­ter ein. (Foto: Mile Cindric/​Muse­ums­stif­tung Post und Telekommunikation)

„Sprich­wör­ter, geflü­gelte Worte und Redens­ar­ten machen unsere Spra­che anschau­li­cher, wit­zi­ger und ver­ständ­li­cher,“ schreibt das Museum in der Ankün­di­gung. „In wun­der­ba­rer Jahr­markt­sat­mo­sphäre“ gibt es etwa einen Sprichwort-​Generator oder ein ‑Ora­kel aus­zu­pro­bie­ren und vie­les mehr. Zusätz­lich ste­hen bis zum Aus­stel­lungs­ende noch Begleit­ver­an­stal­tun­gen an. So etwa eine Lesung mit dem Kin­der­buch­au­tor Paul Maar, der zudem als Schirm­herr der Aus­stel­lung fun­giert, über „Schräge Redens­ar­ten und schiefe Mär­chen“. Außer­dem fin­det ein Fach­ge­spräch „Alte Rede­wen­dun­gen – coole Sprü­che“ statt.

In der inter­ak­ti­ven und mul­ti­me­dia­len Aus­stel­lung wer­den rund 150 Aus­sprü­che aus den Berei­chen Kör­per­teile, Thea­ter, Tiere, Schüt­zen und Waf­fen sowie aus Sex and Crime prä­sen­tiert. Von „kal­ten Füßen“ über „Ram­pen­sau“ und „Kro­ko­dils­trä­nen“ bis hin zu „Spieß­bür­gern“ und „Blüm­chen­sex“. So las­sen sich bekannte und beliebte Sprich­wör­ter, Rede­wen­dun­gen, geflü­gelte Worte und deren Ursprünge erkun­den. Die Idee und das Kon­zept zur Aus­stel­lung stam­men von dem renom­mier­ten Ger­ma­nis­ten und Exper­ten für Sprich­wör­ter Dr. Rolf-​Bernhard Essig.

Geflügeltes Wort, Redewendung oder Sprichwort?

Anläss­lich die­ser Aus­stel­lung wol­len wir uns nun mit den Unter­schie­den beschäf­ti­gen. Wann han­delt es sich um ein geflü­gel­tes Wort, eine Rede­wen­dung oder Sprichwort?

Geflügelte Worte

Hase
Mein Name ist Hase: geflü­gel­tes Wort, Rede­wen­dung oder Sprich­wort? (Ramón Voigt und Johanna Springer/​Muse­ums­stif­tung Post und Telekommunikation)

Geflü­gelte Worte gehen auf den Phi­lo­lo­gen Georg Büch­mann zurück. Er ver­öf­fent­lichte 1864 seine in jahr­zehn­te­lan­ger Arbeit zusam­men­ge­tra­gene gleich­na­mige Samm­lung von Zita­ten und Aus­sprü­chen. Der Ursprung geflü­gel­ter Worte ist bekannt; oft sind es Klas­si­ker der Welt­li­te­ra­tur oder der Bibel. Inzwi­schen kom­men viele Rede­wen­dun­gen auch aus dem Film, etwa „Das ist der Beginn einer wun­der­ba­ren Freund­schaft“, das zu einem geflü­gel­ten Wort gewor­den ist.

Ein Bei­spiel dafür ist das Motto der Aus­stel­lung selbst: „Mein Name ist Hase.“ Der Aus­spruch stammt vom Hei­del­ber­ger Stu­den­ten Vic­tor Hase, der bei einer Befra­gung vor Gericht 1854 sei­nen Kom­mi­li­to­nen nicht ver­pfei­fen wollte. Er sagte statt­des­sen: „Mein Name ist Hase, ich ver­neine die Gene­ral­fra­gen. Ich weiß von nichts.“ In der Kurz­form wurde seine mutige Ant­wort schnell deutsch­land­weit bekannt und ist bis heute ein belieb­tes geflü­gel­tes Wort.

Redewendungen

Bei Rede­wen­dun­gen han­delt es sich um Satz­teile in for­mel­haft fest­ste­hen­den For­mu­lie­run­gen mit meist unbe­kann­tem Urhe­ber wie z. B. „tabula rasa (machen)“. Sie trans­por­tie­ren im Gegen­satz zum Sprich­wort keine all­ge­mein­gül­tige Erkennt­nis oder Lehre. Häu­fig bezie­hen sich Rede­wen­dun­gen auf heut­zu­tage nur noch wenig popu­läre All­tags­ge­gen­stände oder his­to­ri­sche Objekte. So bei­spiels­weise „Steg­reif“, „Kan­dare“, „Has­pel,“ „Fle­gel“ oder „Not­na­gel“.

Fersengeld
Fer­sen­geld (Foto: Mile Cindric/​Muse­ums­stif­tung Post und Telekommunikation)

Zu den Rede­wen­dun­gen zäh­len etwa „Schwein haben“: Auf Schüt­zen­fes­ten konnte ein Fehl­schütze, wenn auch nur als Spott­preis, ein Schwein gewin­nen. Oder „den Buckel run­ter­rut­schen“: Der Schild­bu­ckel, der Schwert­hiebe abhält, wurde im spä­ten Mit­tel­al­ter zunächst auf eine krank­hafte Erhe­bung auf dem Rücken, schließ­lich auf den Rücken selbst über­tra­gen. Wer den Buckel run­ter­rutscht, ist sozu­sa­gen am oder im Arsch. Oder „Fer­sen­geld geben“: in der Rechts­spra­che des 13. Jahr­hun­derts eine Buße, die jemand zu zah­len hatte. Bei den Wen­den konn­ten sich Frauen mit Zah­lung des Fer­sen­gel­des von ihren Ehe­gat­ten tren­nen. Zudem wur­den die rund­li­chen, oft hel­len Fer­sen eines flüch­ten­den Men­schen mit Mün­zen verglichen.

Typische Frankfurter Redewendungen

In Frank­furt am Main sind etwa „hibb de Bach“ und „dribb de Bach“ Rede­wen­dun­gen, die für die ver­schie­de­nen Sei­ten des Flus­ses ste­hen. Der „Frank­fur­ter Applaus“ steht für die Dro­gen­süch­ti­gen im Bahn­hofs­vier­tel und ihr Klop­fen und Klat­schen auf den Arm, um eine Ader für einen Schuss hervorzulocken.

Sprichwörter

Sprich­wör­ter sind kurze, selbst­stän­dige Sätze, oft in geho­be­ner Spra­che, die meist einen lehr­haf­ten Cha­rak­ter haben und deren Urhe­ber meist unbe­kannt sind. Die Refor­ma­ti­ons­zeit und das 19. Jahr­hun­dert waren beson­ders pro­duk­tiv, was die Ent­ste­hung von Sprich­wör­tern und Rede­wen­dun­gen betrifft.

Schusterleisten
Schus­ters Leis­ten (Tho­mas Schindler/​Frän­ki­sches Frei­land­mu­seum, Bad Windsheim)

Zu den Sprich­wör­tern gehö­ren etwa „Schus­ter, bleib bei dei­nem Leis­ten“: Der Leis­ten ist ein Hilfs­mit­tel des Schuh­ma­chers, auf den er das Leder schlägt. Es bedeu­tet, dass man sich im Han­deln und Spre­chen auf sein Fach­ge­biet beschränke. Sie geht wohl auf eine beliebte antike Anek­dote zurück, die Pli­nius der Ältere über­lie­fert: Ein Schus­ter kri­ti­siert auf einem Bild des berühm­ten Malers Apel­les einen falsch gemal­ten Schuh. Der Maler besei­tigt den Feh­ler. Als der Schus­ter über Wei­te­res mäkelt, ruft Apel­les: „Ne sutor supra crepi­dam!“ – „Nicht über die San­dale (hin­aus), Schuster!“.

„Yes we can!“

Oder aus unse­rer Zeit „Yes we can!“. Hierzu stellte Wolf­gang Mie­der, der wohl bekann­teste Sprich­wort­for­scher welt­weit, fest, dass Barack Obama in sei­nen Reden, Arti­keln und Inter­views aus der Zeit vor sei­ner Prä­si­dent­schaft neben dem berühm­ten „Yes we can“ über 1700 wei­tere sprich­wört­li­che Redens­ar­ten ver­wen­dete, um seine Lands­leute von sei­ner Eig­nung für das Prä­si­den­ten­amt zu überzeugen!

Typische Frankfurter Sprichwörter

Typi­sche Frank­fur­ter Sprich­wör­ter sind etwa „De Dieb un de Kre­mer kisse sich hin­nerm Remer“: Der Dieb und der Krä­mer küs­sen sich hin­ter dem Römer. Es deu­tet ab, dass Diebe und Kauf­leute ein­an­der heim­lich schät­zen und mit­ein­an­der koope­rie­ren und der Römer, also das Rat­haus und damit der Rat, sie decke. Oder das sich selbst erklä­rende „Hin­ner de Waart hört die Welt uff“: Hin­ter der Warte, einem der Stadttor(türm)e, hört die Welt auf. Es zählt also nur die Heimatstadt.

Das Museum

Museum für Kom­mu­ni­ka­tion Frank­furt, Schau­main­kai 53 (Muse­ums­ufer), 60596 Frank­furt am Main, Tele­fon: +49 (0)69 60 60 0

Öff­nungs­zei­ten: Diens­tag bis Frei­tag 9 bis 18 Uhr, Sams­tag, Sonn- und Fei­er­tag 11 bis 19 Uhr

(Alle Bil­der mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Museums!)

Siehe auch

Ronald M. Filkas
Gelernter Schriftsetzer im Handsatz, Studium der Germanistik, zertifiziert abgeschlossene Fortbildungen „Web-Publishing Schwerpunkt DTP“ und Online-Redaktion, langjährige Erfahrungen als Schriftsetzer/ DTP-Fachkraft und als Korrektor und Lektor in Druckereien, Redaktionen und Verlagen. Mehr? Seite „Über mich“!

9 Kommentare

  1. Inter­es­san­ter Arti­kel, der diese Unter­schiede ein­mal genau erklärt. Ich mag es übri­gens, Sprich­wör­ter zu ver­hun­zen oder zu ver­mi­schen: So wird aus »Auf Schus­ters Rap­pen« und »Schus­ter, bleib bei dei­nem Leis­ten« bei mir etwa: »Schus­ter, bleib bei dei­nem Rappen!«

    Und noch was: Ich habe einen Feh­ler in der vor­letz­ten Über­schrift ent­deckt: »Mus­seum« – da ist ein »s« zu viel!

    1. Danke für deine letz­ten Kom­men­tare und den Hin­weis auf den Tipp­feh­ler, der gerade kor­ri­giert wurde! Auch ich mag es, Sprich­wör­ter zu ver­hun­zen, gerade dann, wenn es zwei davon mit glei­cher Aus­sage gibt, also etwa bei „Wie man sich bet­tet, so liegt man“ und „Wie man in den Wald hin­ein­ruft, so schallt es her­aus“. Ich tau­sche hier gern die zwei­ten Satz­hälf­ten mit­ein­an­der aus. Aber das natür­lich nur bei Freun­den oder guten Bekann­ten, Fremde star­ren einen dann meist etwas ungläu­big an, sofern sie das Ori­gi­nal ken­nen – was aller­dings immer weni­ger der Fall zu sein scheint!

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