In der Wortwahl vergriffen: Job

Deleaturzeichen

Es gibt Wör­ter, bei deren Gebrauch man sich ver­grei­fen kann, weil sie unan­ge­mes­sen oder im jewei­li­gen Zusam­men­hang schlicht falsch sind. In loser Folge wer­den hier sol­che Wör­ter unter die Lupe genom­men. Begin­nen wir mit „Job“ resp. „Jobs“ und deren Ver­wen­dung. In der Wort­wahl ver­grif­fen: Job?

Unsichere Arbeitsplätze

Wir leben in einer Zeit der Kon­kurse und Fir­men­schlie­ßun­gen. Ein Unter­neh­men kann, aus wel­chen Grün­den auch immer, nicht mehr wei­ter­ge­führt wer­den. Oder Stel­len wer­den ins (bil­li­gere) Aus­land ver­la­gert. Dahin­ter ste­hen jedoch immer auch Arbeits­plätze, die ver­lo­ren gehen. Oft lang­jäh­rige Mit­ar­bei­ter ste­hen in Zukunft auf der Straße. Dahin­ter wie­derum steht per­sön­li­ches Leid. Ist die Ver­wen­dung des Wor­tes Job in die­sem Zusam­men­hang gerechtfertigt?

„Ver­lie­ren ihre Jobs“, „ste­hen Tau­sende von Jobs auf dem Spiel“ usw.: Haben fest ange­stellte und lang­jäh­rige Mit­ar­bei­ter, deren Beruf viel­fach auch Beru­fung ist, nun einen Job, den sie ver­lie­ren, oder einen Arbeitsplatz?

Was sagt der Duden?

Die Duden-​Suche sagt, dass das Wort Job umgangs­sprach­lich ist und sowohl „eine vor­über­ge­hende (ein­träg­li­che) Beschäf­ti­gung (zum Zweck des Geld­ver­die­nens)“ als auch „Arbeits­platz, Stel­lung, beruf­li­che Tätig­keit, Beruf, Auf­gabe“ bezeich­net, die gedruckte Aus­gabe des Dudens sagt: „[Gelegenheits]arbeit, Stelle“.

Zur Herkunft des Wortes Job

Mann mit Klapprechner
Jobs: heute hier, mor­gen dort, und immer unter­wegs (Micro­soft Clip Art)

Soweit sich der schon etwas ältere Autor erin­nert, gibt es die­ses Wort noch nicht sehr lange. Wie so viele im beruf­li­chen Bereich, wurde es aus dem ame­ri­ka­ni­schen Eng­lisch über­nom­men. Beson­ders in den USA haben frei­wil­lige Fir­men­wech­sel jedoch eine ganz andere per­sön­li­che und beruf­li­che Bedeu­tung: Meh­rere Arbeits­platz­wech­sel wer­den im Lebens­lauf kei­nes­wegs nega­tiv, son­dern sogar posi­tiv bewer­tet, spre­chen sie doch von einem wei­ten beruf­li­chen Hori­zont mit reich­hal­ti­gen Erfah­run­gen. Erst im Zei­chen ver­än­der­ter wirt­schaft­li­cher Bedin­gun­gen wur­den und wer­den auch hier­zu­lande Arbeits­plätze insta­bi­ler, aller­dings meist nicht so frei­wil­lig wie in den USA. Die Nei­gung, anstatt von „Arbeits­plät­zen“ von „Jobs“ zu spre­chen, nimmt mit der Ver­brei­tung des Worts und der gleich­zei­ti­gen Ver­un­si­che­rung des Arbeits­markts in Deutsch­land zu. Ein Wort der „Krise“ sozu­sa­gen, wel­cher und wes­sen auch immer!

Verniedlichung oder Verharmlosung?

Ist es nun Ver­nied­li­chung oder gar Ver­harm­lo­sung, von Jobs zu spre­chen, wenn lang­jäh­rige Mit­ar­bei­ter gekün­digt werden?

Um es mal so aus­zu­drü­cken: Wer einer jün­ge­ren Gene­ra­tion ange­hört, die keine lang­jäh­ri­gen Berufs­per­spek­ti­ven mehr ent­wi­ckeln kann, neigt eher dazu, von einem Job zu spre­chen, weil man sich kaum vor­stel­len kann, dass Men­schen irgendwo lang­jäh­rig beschäf­tigt sein kön­nen. Einen Job bekommt man immer irgendwo, denkt sich diese Gene­ra­tion wohl.

In der Wortwahl vergriffen: Job?

Der Gebrauch von „Job“ bzw. „Jobs“ soll hier kei­nes­wegs ver­bo­ten wer­den. Beden­ken Sie bei deren Ver­wen­dung aber, ob Sie tat­säch­lich (Gelegenheits-)stellen mei­nen oder lang­jäh­rige Arbeits­plätze. Benut­zen Sie „Job“ resp. „Jobs“ also mit Vor­sicht! Wer seriös jour­na­lis­tisch arbei­tet, sollte auf jeden Fall Abstand von die­sem Wort neh­men. Spä­tes­tens dann näm­lich, wenn der eigene Job zur Dis­po­si­tion steht, mer­ken Sie viel­leicht den Unterschied!

(Zuerst am 15. März 2013 auf Ronalds Noti­zen ver­öf­fent­licht und für die­ses Web­log edi­tiert. Siehe hier auch „Pro­ak­tiv“, „Unser Sprach­ni­veau sinkt!“ und „Wört­lich, allzu wört­lich: eine Wör­ter­sprech­stunde“!)

Ronald M. Filkas
Gelernter Schriftsetzer im Handsatz, Studium der Germanistik, zertifiziert abgeschlossene Fortbildungen „Web-Publishing Schwerpunkt DTP“ und Online-Redaktion, langjährige Erfahrungen als Schriftsetzer/ DTP-Fachkraft und als Korrektor und Lektor in Druckereien, Redaktionen und Verlagen. Mehr? Seite „Über mich“!

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