Vermeintlich oder mutmaßlich?

Fragezeichen

Auf­fäl­lig ist, dass in den Medien häu­fig von „ver­meint­li­chen Tätern“ die Rede ist. Ver­meint­lich oder mut­maß­lich? Und dann gibt es ja auch noch „angeb­lich“ und „ver­mut­lich”! Wir klä­ren über die Unter­schiede und die rich­tige (und fal­sche) Ver­wen­dung auf.

Immer wie­der lese oder höre ich in den Medien die For­mu­lie­rung „der/​die vermeintliche(n) Täter“, wenn davon aus­ge­gan­gen wird, dass es sich bei den Fest­ge­nom­me­nen mit hoher Wahr­schein­lich­keit um die Täter handelt:

Zum ihrem Tat­mo­tiv schwieg die ver­meint­li­che Täte­rin beharrlich.
Der ver­meint­li­che Kom­plize wurde am nächs­ten Tag in sei­ner Woh­nung festgenommen.

Vermeintlich oder mutmaßlich?

Das Adjek­tiv „ver­meint­lich“ bedeu­tet jedoch „irr­tüm­lich“ oder „fälsch­lich ver­mu­tet“, „schein­bar“. Ein ver­meint­li­cher Täter ist Opfer einer Ver­wechs­lung und, zumin­dest, was den Tat­vor­wurf betrifft, nicht schul­dig. Es han­delt sich also um eine Falschein­schät­zung einer frem­den Eigenschaft.

Rich­tig wäre aber in oben genann­tem Zusam­men­hang das Adjek­tiv „mut­maß­lich“! Es bedeu­tet näm­lich „auf­grund bestimm­ter Tat­sa­chen mög­lich“, „wahr­schein­lich“. Die Mel­dung müsste also lauten:

Zum ihrem Tat­mo­tiv schwieg die mut­maß­li­che Täte­rin beharrlich.
Der mut­maß­li­che Kom­plize wurde am nächs­ten Tag in sei­ner Woh­nung festgenommen.

Der „mut­maß­li­che Täter“/die „mut­maß­li­che Täte­rin“ ist nur ver­mut­lich Täter/​-​in. Nicht mehr als ein(e) Verdächtige(r) also. Mit­un­ter wer­den in Poli­zei­mel­dun­gen auch Täter als „Ver­däch­tige“ und Ver­däch­tige als „Täter“ bezeich­net. Das ist jedoch gleich ganz falsch!

„Ver­meint­lich“ wie­derum hat seine Berech­ti­gung in einem Satz wie:

Der ver­meint­li­che Spion ent­puppte sich als harm­lo­ser Tourist.

Angeblich oder vermutlich?

Mit „angeb­lich“ bezeich­nen wir „Fak­ten“, die jemand einer ande­ren Per­son auf­tischt. Jemand behaup­tet, dass etwas so ist. Zum Bei­spiel, dass jemand Täter/​-​in ist. Ob dies aller­dings stimmt oder nicht, bleibt dabei offen.

Mit „ver­mut­lich“ bezeich­nen wir „Fak­ten“, die jemand einer ande­ren Per­son zuord­net. Zum Bei­spiel, jemand ver­mu­tet, dass jemand Täter/​-​in ist. Ob das stimmt oder nicht, bleibt offen. „Ver­mut­lich“ ent­spricht also „mut­maß­lich“.

Ob Sie nun nach der Lek­türe die­ses Bei­trag ver­meint­lich oder mut­maß­lich, angeb­lich oder ver­mut­lich etwas gelernt haben, dür­fen Sie nun selbst entscheiden.

Siehe auch

Ronald M. Filkas
Gelernter Schriftsetzer im Handsatz, Studium der Germanistik, zertifiziert abgeschlossene Fortbildungen „Web-Publishing Schwerpunkt DTP“ und Online-Redaktion, langjährige Erfahrungen als Schriftsetzer/ DTP-Fachkraft und als Korrektor und Lektor in Druckereien, Redaktionen und Verlagen. Mehr? Seite „Über mich“!

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