Trauen Sie sich oder trauen Sie sich? Welch eine Frage, werden Sie denken. Oder: Fehlt hier nicht ein „nicht“? Dabei haben Sie dann aber nicht bedacht, dass das Wort „trauen“ zwei Bedeutungen hat. Genau genommen sogar drei. Doch wie und was sagen oder antworten wir danach weiter?
Wie wir hier bereits am Beispiel eines anderen Worts gesehen haben, kann ein und dasselbe Wort zwei Bedeutungen haben. Wir können nämlich den Bund der Ehe schließen oder einen Fallschirmsprung wagen. Beides geht mit „(sich) trauen“. Wobei es beim Fallschirmsprung korrekt wäre: „sich etwas trauen“.
Wie weiter?
Doch es soll uns hier nun nicht darum gehen, welche sprachlichen Möglichkeiten es gibt, sich zu verheiraten oder mit dem Fallschirm zu springen. Vielmehr möchten wir herausfinden, wie man nach der Frage bzw. dem Ausrufesatz weiterspricht oder darauf antwortet. Die zwei Satzzeichen in der Überschrift haben nämlich durchaus eine Berechtigung! Es soll uns also egal sein, ob sich „Ich traue mich (nicht) …“ auf die Ehe oder den Sprung bezieht. Sie haben hierfür also durchaus mehrere Möglichkeiten.
Wenn Sie ganz gehoben klingen möchten und es Sie nicht stört, wenn man Sie für altmodisch hält, dann trauen Sie sich doch und nehmen Sie ein Genitivobjekt:
Ich traute mich gestern des Fallschirmsprungs.
Wer diese Möglichkeit für zu gewagt hält, der/dem raten wir zum Infinitiv mit „zu“:
Gestern traute ich mich endlich, mit dem Fallschirm zu springen.
Oft hören (oder sagen) Sie auch: „Er traut sich das nicht“, wobei unter „das“ das (nicht) eingegangene Wagnis verstanden wird. Oder: „Ich traue ihr/ihm das zu.“
Genau genommen sogar drei Bedeutungen
Sie merken etwas? „(Sich) trauen“ hat genau genommen sogar drei Bedeutungen! Diese sind nämlich
- intransitiv: das Gefühl haben, sich darauf verlassen zu können, dass etwas oder jemand so handeln oder funktionieren wird, wie man es sich vorstellt,
- reflexiv: etwas wagen,
- transitiv: jemanden in den Stand der Ehe bringen.
Ein Beispiel für 1. wäre:
Er traute der Sache nicht.
Für 2:
Nachdem er das Bungeespringen geschafft hatte, traute er sich auch den Fallschirmsprung.
Für 3:
Der Pfarrer traute die beiden Turteltäubchen.
Akkusativ oder Dativ?
Doch zurück zu den möglichen Fortsetzungen und ihren grammatischen Formen. Während in der dritten Person das Reflexivpronomen keine Fragen aufwirft, weil es stets „sich“ lautet, müssen Sie sich in der ersten oder zweiten Person Singular für Akkusativ oder Dativ entscheiden. In der Regel wird man hier zum Akkusativ greifen. Der Dativ ist zwar nicht verkehrt, aber seltener anzutreffen. Daher sagen Sie besser: „Du traust dich …“ statt „Du traust dir …“, weil im letzten Fall ein (Sich-etwas-)Zutrauen zu naheliegt. Wenn es aber darum geht, sich an eine bestimmte Stelle zu wagen, dann funktioniert nur der Akkusativ:
Du traust dich doch mittlerweile sicher allein über die Straße.
Weitere Verweise
- Wiktionary: trauen
- Duden: trauen
- „Erinnern oder sich erinnern?“ (ein weiteres Beispiel eines reflexiven Verbs)
- „Umfahren oder umfahren?“ (ein besonders krasses Beispiel für ein Wort mit zwei Bedeutungen)