Es gibt Wörter, bei deren Gebrauch man sich vergreifen kann, weil sie unangemessen oder im jeweiligen Zusammenhang schlicht falsch sind. In loser Folge werden hier solche Wörter unter die Lupe genommen. Heute geht es um das viel zu häufig gebrauchte „Sinn machen“, so in „das macht Sinn“. Wir begeben uns also einmal auf Sinnsuche und stellen die Sinnfrage.
Immer wieder hört und liest man es: „Das macht Sinn.“ Selbst in seriösen Medien ist es zu lesen, etwa hier in den Stuttgarter Nachrichten: „IGeL-Leistungen: Welche Untersuchungen tatsächlich Sinn machen“ vom 27. April 2023. Auch in der Diskussion um den hiesigen Beitrag über das Wort „genau“ tauchte es auf, wenn auch nur als Hinweis für einen Beitrag in diese Richtung. In Wirklichkeit ist diese Phase jedoch kompletter Unsinn. Oder auch: sinnlos, ergibt keinen Sinn. Um nicht zu sagen: sinnfrei.
Sinn machen: ein primitiver Übersetzungsangliszismus
Wie so vieles in unserer (angeblich so modernen) Sprache handelt es sich um eine Übersetzung aus dem Englischen: it/this/that makes sense. Solche Übersetzungen können jedoch nicht eins zu eins ins Deutsche übernommen werden. Es handelt sich also um einen „primitiven Übersetzungsangliszismus“ (Satiriker und Kolumnist Max Goldt) und um einen versteckten Anglizismus: Wörter aus dem Englischen, die durch (falsche) Übersetzungen ins Deutsche gewandert sind (siehe hier auch „Sprechen wir bald nur noch (D)englisch?“).
Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass die Verwendung dieses Unsinns schon viel älter ist; siehe etwa den interessanten Beitrag bei Rapunzelturm: „Kann etwas "Sinn machen"? Der Spaß am Anti-Amerikanismus und das dualistische Pendel“ vom 11. September 2015.
12 Better Ways to Say “Makes Sense”
Übrigens gibt es auch im Englischen andere und treffendere Möglichkeiten, make sense auszudrücken; siehe „12 Better Ways to Say “Makes Sense” bei Grammarhow.com. Es ist also mitnichten so, dass man sich nur hierzulande darüber Gedanken macht, ob diese Phrase sinnvoll ist, sondern sogar in deren Ursprungssprache! (Siehe hierzu auch das Meme „the fact that it doesnt [sic!] make sense makes sense“, etwas Humor darf schließlich auch sein!)
Aus der Sprache der Macher/-innen
Sinn ist jedoch etwas Abstraktes, nicht Greifbares. Etwas, das man nicht machen, also im Sinne von fertigen, herstellen, präparieren, tun oder bewirken, kann. Und oft noch nicht einmal verstehen, aber das nur nebenbei. Wir können das Essen machen, den Abwasch danach, auch Urlaub und sogar einen Abgang und vieles, vieles mehr, aber nicht Sinn.
Da wir Deutsche aber Macher/-innen sind und unsere Sprache eine des Machens, hat selbst der Sinn machbar zu sein! Ebenso übrigens der Unsinn. Und da uns als echte Macher/-innen das korrekte „Sinn ergeben“ oder gar „sinnvoll sein“ zu lang (oder zu kompliziert?) ist, greifen wir eben zum „Machen“. (Schweizer/-innen angeblich übrigens ebenso häufig, aber auch das nur nebenbei.)
Fazit
Inzwischen hat sogar der Duden diese Phrase in seinen Bestand aufgenommen, sie aber als „umgangssprachlich“ bezeichnet; siehe Bedeutung 5 unter Duden: „Wie schreibt man ‚Sinn‘?“: „etwas macht keinen/wenig Sinn (umgangssprachlich; hat keinen/wenig Sinn; nach englisch it doesn't make [any] sense)“. Und dort sollte sie auch verstauben, aber bitte nicht in der seriösen Kommunikation angewandt!
Siehe auch
- Die Kolumnisten: „Sinn machen /= Sinn ergeben“ vom 8. Dezember 2019
- und hier etwa „Floskeln: von der Luft nach oben und deren Leere“
Sehr geehrter Herr Filkas,
danke für diesen Beitrag, da ich "it makes sense" auch manchmal benutze. In den "12 Better Ways…" wird ja geschrieben, dass dies möglich ist. Und nur, um nicht langweilig zu wirken, so verstehe ich den Beitrag, kann man im Verlauf des Gesprächs auch mal andere Phrasen nutzen. "Bei jemandem zu sein" ist eine sehr schöne Formulierung, die allerdings missverständlich ausfallen kann. "Ich verstehe dich" kann nicht selten wütend machen, wenn eben überhaupt nichts verstanden wird und nur eine hilflose Phrase forumuliert wurde. – So kann ich an erdenklich jeder Formulierung herumnörgeln. Mehr aber auch nicht.
Eine seriöse Kommunikation bewerte ich persönlich am Inhalt, nicht nach eher philosophischen Fragen, ob ich Sinn herstellen kann oder nicht. Kann ich Urlaub tun oder herstellen? Nein.
Dem Gesprächspartner zuzuhören, ist seriöse Kommunikation. Nicht ihn zu bemängeln aufgrund seiner Sprache. Das macht Sinn wie Urlaub zu machen. Um weniger spröde zu sein.
Do/make? Als Norddeutsche habe ich wohl eher eine etwas andere Sprache als ein Hesse.
Sie geht einher mit dem "Do you understand?", "It doesn't matter.", etc.
Unmöglich im Hochdeutschen. (Noch) gebräuchlich in meiner Heimatstadt Hamburg. Nochmehr drumherum bis in den Norden und Westen, Richtung GB.
Komplett gepflegt, warmherzig und seriös gemeint. Vom Sinn her.
"Es macht Sinn" benutze ich nur deshalb nicht, weil ich nicht zu der Altersgruppe gehöre, die diese Phrase aufgenommen hätte. Zum Trost: Auch nicht "Das tut Sinn machen."
Bei jodhaltiger Brise um die Nase durchaus mal zu hören.
Ansonsten brauche ich zur Verteidigung der eigenen Sprache (was das auch immer sein mag) nicht unbeding abwertende Bemerkungen wie "Und dort sollte sie auch verstauben,…".
Gehen Sie nun nach dem DUDEN oder nicht? Oder nach welchem DUDEN?
Als Anregung mochte ich auch diesen Artikel wieder sehr gern.
Mit freundlichen Grüßen,
Davon abgesehen, dass Sie sich mehrfach selbst widersprechen (lesen Sie Ihren Kommentar einmal aufmerksam durch!), weswegen ich Schwierigkeiten damit hatte, Ihnen zeitnah zu antworten, nehmen Sie hauptsächlich die Perspektive einer Zuhörenden ein, um „seriöse Kommunikation“ zu bewerten. Die sprechende Person und deren Rolle in diesem Sinne vernachlässigen Sie jedoch völlig.
Ich frage mich aber, ob jemand, der/die mit leeren Phrasen kommuniziert, überhaupt ein Interesse an einer solchen hat! Denn zu einer gelungenen und damit auch seriösen Kommunikation gehört u. a. eine Eindeutigkeit des Ausdrucks. Schon allein deswegen, um Missverständnisse zu vermeiden. Und dazu gehört wiederum auch, sich Gedanken darüber zu machen, was man eigentlich von sich gibt. Eine gewisse Selbstreflexion also. Die wiederholte Anwendung von aufgeschnappten Sprechblasen gehört sicherlich nicht dazu.
Danke für Ihr Interesse und Ihren Kommentar!
Sehr geehrter Herr Filkas,
ich kann keine Widersprüche erkennen, bei aller Reflexion nicht. Auch nicht per "Selbstreflexion". Ich finde es sehr schade, dass Sie nun schon zum zweiten Male so beleidigt auf einen Kommentar reagieren, denn ich würde sehr gern an einem echten Austausch teilnehmen. Warum Sie es so nötig haben, mir die Nutzung leerer Phrasen und aufgeschnappter Sprechblasen vorzuwerfen, weiß ich nicht. Eitelkeit? Mein Interesse an Ihren Aussendungen ohne einen Wunsch von Reflexion ist geschwunden. Sie machen sich sehr selbtgefällig nicht genügend Gedanken darüber, was Sie in Ihren abwertenden Antworten von sich geben und vergessen dabei die Rolle der lesenden Person völlig.
Sehr schade.
Mein Professor damals hatte für den Begriff "Ausdruck" übrigens keine Verwendung. Achtung! Aufgeschnappte Sprechblase: "Ausdruck erinnert mich immer an Tube!"
Alles Gute,
Andrea Sólya
Sehr geehrte Frau Sólya,
ich fürchte, dass hier ein Missverständnis Ihrerseits zugrunde liegt. Der zweite Absatz meines vorigen Kommentars, durch den Sie sich vermutlich angesprochen gefühlt haben, bezog sich nicht auf Sie, sondern allgemein auf Menschen, die solche Phrasen verwenden! Von daher kann ich hier übrigens auch keine Beleidigung erkennen, sondern eher eine gewisse Überempfindlichkeit Ihrerseits, wenn man Ihnen widerspricht.
Zufällig und äußerst passend gerade im Radio (hr-iNFO: STUDIO KOMPLEX: „Spiritualität für alle?!“, etwa ab Minute 36) gehört: „Sinn ist so etwas wie Gemüse. […] ‚Sinn‘ gibt es nicht als Sinn. Sinn gibt es so wenig wie Gemüse. ‚Sinn‘ und ‚Gemüse’ sind nur Sammel- und Oberbegriffe für etwas, das nicht direkt existiert.“ Wenn ich Ihnen sage, dass es bei mir später Gemüse zum Abendessen gibt, werden Sie allenfalls denken: ‚Aha.‘ Spreche ich aber konkret von Brokkoli, werden Sie damit bestimmt mehr anfangen können – es sie denn, Sie geben sich mit einem Sammelbegriff (resp. einer Sprechblase) zufrieden.
Schade, dass Ihr Professor „keine Verwendung“ für den Begriff „Ausdruck“ hatte. Im Gegensatz zu ihm kenne ich beispielsweise einen künstlerischen Ausdruck oder den Ausdruck aus einem PC. Aber es soll ja auch Kunst aus der Tube geben und Menschen ohne Computer …
Mit freundlichem Gruß!