M. C. Escher: Grafiker der Unendlichkeit

Die Werke des nie­der­län­di­schen Gra­fi­kers M. C. Escher fas­zi­nie­ren auch heute noch. Ein Film beleuch­tet Leben und Werk die­ses gro­ßen Künstlers.

Paleis lange voorhout - panoramio
Das Paleis Lange Voor­hout in Den Haag mit den Bild von Escher an der Fas­sade, das zu den ers­ten gehö­ren dürfte, die der Autor die­ses Bei­trags von ihm gese­hen hatte: „Day and Night“ (Bild: michiel1972 über Wiki­me­dia Commons)
Maurits Cornelis Escher
M. C. Escher, Novem­ber 1971 (Hans Peters, Natio­naal Archief über Wiki­me­dia Commons)

Seit ich zum ers­ten Mal ein Werk des nie­der­län­di­schen Gra­fi­kers M. C. Escher, eigent­lich Mau­rits Cor­ne­lis Escher, gese­hen habe, bewun­dere ich seine Arbei­ten. Nach­dem ich bei ARTE den lei­der nicht mehr abruf­ba­ren Doku­men­tar­film „M.C. [sic!] Escher – Reise in die Unend­lich­keit“ von Robin Lutz aus dem Jahr 2018 gese­hen hatte, flammte diese Bewun­de­rung erneut auf.

Neben sei­ner Tätig­keit als Gra­fi­ker, die er zu gera­dezu genia­ler Per­fek­tion führte, betä­tigte er sich auch als Mathe­ma­ti­ker. Diese und wei­tere sei­ner Sei­ten beleuch­tet eine wei­tere sehr sehens­werte nie­der­län­di­sche Fernsehdokumentation.

Ein schlechter Schüler, selbst im Kunstunterricht

1898 in eine wohl­ha­bende Fami­lie hin­ein­ge­bo­ren, hatte er trotz sei­ner zeich­ne­ri­schen Bega­bung sogar im Fach Kunst schlechte Noten. Über­haupt war er ein schlech­ter Schü­ler. Ein 1919 in Haar­lem begon­ne­nes Archi­tek­tur­stu­dium brach er schon nach einer Woche ab. Einer sei­ner Leh­rer ent­deckte jedoch sein gra­fi­sches Talent und för­derte ihn.

Ab 1921 bereiste er mehr­fach Ita­lien und Spa­nien, wo ihm die ara­bi­sche Orna­men­tik in der Alham­bra in Gra­nada auf­fiel, die sein Werk maß­geb­lich beein­flus­sen sollte. Seine in Ita­lien ent­stan­de­nen Land­schafts­dar­stel­lun­gen bedien­ten sich noch einer brei­ten Palette gra­fi­scher Stile.

Viele Reisen und erste Popularität

In Ita­lien lernte er 1923 die Schwei­ze­rin Jetta Umi­ker ken­nen, die er 1924 in Viar­eggio hei­ra­tete. Das Paar ließ sich in Rom nie­der. Des­sen antike Archi­tek­tur inspi­rierte ihn aber übri­gens nur nachts, wenn sie ange­strahlt wurde. Tags­über fühlte er sich von ihr „erschla­gen“. Wäh­rend der 1920er-​Jahre erlangte Escher eine gewisse Popu­la­ri­tät und hatte 1929 gleich fünf Aus­stel­lun­gen in den Nie­der­lan­den und der Schweiz. Auch in den USA fand er erste Auf­merk­sam­keit. Bis 1937 ent­stan­den über­wie­gend medi­ter­rane Land­schafts­bil­der, dar­un­ter 1930 die große Litho­gra­fie eines klei­nen Abruz­zen­dor­fes („Cas­tr­ovalva“).

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Ein Boden­mo­saik in der Alham­bra, 1936 von Escher als Ver­such für Par­ket­tie­run­gen auf­ge­grif­fen (Patrick Gru­ban, Flickr über Wiki­me­dia Commons)

Aus Abnei­gung gegen den ita­lie­ni­schen Faschis­mus (sein Sohn wurde in der Schule gezwun­gen, eine schwarze Uni­form zu tra­gen) ver­leg­ten die Eschers ihren Wohn­sitz 1935 in die Schweiz, die ihn künst­le­risch jedoch nicht inspi­rierte. Schließ­lich bereiste er auf einem Fracht­schiff die Adria, Sizi­lien und die Riviera. Nach einem zwei­ten Besuch der Alham­bra 1936 ver­än­derte sich seine The­ma­tik. Es folgte die Peri­ode der Meta­mor­pho­sen, in der auch die Gra­fik ganz oben entstand.

Viele Umzüge und weitere Phasen

1937 folgte ein wei­te­rer Umzug in die Nähe von Brüs­sel. Er begann zuneh­mend, mit Flä­chen­fül­lun­gen (Par­ket­tie­rung) zu expe­ri­men­tie­ren. Als die Natio­nal­so­zia­lis­ten in Brüs­sel ein­mar­schier­ten, zog die Fami­lie erneut um, dies­mal ins nie­der­län­di­sche Baarn. Von dort musste er mit­er­le­ben, wie sein Freund und frü­he­rer Leh­rer und För­de­rer Samuel Jes­su­run de Mes­quita samt Frau und Sohn von den Nazis ver­haf­tet und depor­tiert wur­den. Escher ist es zu ver­dan­ken, dass Mes­qui­tas Werk über­lie­fert ist. Nach­dem sie den Künst­ler ver­haf­tet hat­ten, ver­wüs­te­ten Nazi-​Schergen sein Ate­lier, war­fen Zeich­nun­gen und Gra­fi­ken auf die Straße. Escher ret­tete an die 450 Werke.

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Ergeb­nis sei­ner Beschäf­ti­gung mit der Kris­tal­lo­gra­fie: Skulp­tur eines Dode­ka­eder­sterns nach einer Zeich­nung von Escher auf dem Gelände der Uni­ver­si­tät Twente (Ber­teun Dam­man über Wiki­me­dia Commons)

Nach Kriegs­ende erlernte Escher die Mezzotinto-​Technik, die er jedoch für sich bald wie­der ver­warf, und wandte sich ab 1946 ver­stärkt per­spek­ti­vi­schen Bil­dern („Oben und Unten“, 1947) zu. Inzwi­schen erhielt er zuneh­mend inter­na­tio­nale Auf­merk­sam­keit, vor allem in den USA, aber auch in den Nie­der­lan­den und in Deutsch­land. Durch einen sei­ner Brü­der begann er, sich für die Kris­tal­lo­gra­fie und die Mathe­ma­tik zu inter­es­sie­ren, die einen wei­te­ren Ein­fluss auf sein Werk aus­üben sollten.

1964 erkrankte er so schwer, dass er ope­riert wer­den musste. Zwei Jahre nach einer zwei­ten Ope­ra­tion starb er am 27. März 1972 in Hilversum.

M. C. Escher: sein Werk und Wirken

Impossible staircase
Eine „Penrose-​Treppe“, eine opti­sche Täu­schung (Saku­rambo über Wiki­me­dia Commons)

Escher schuf vor allem gra­fi­sche Arbei­ten und brachte es in den Tech­ni­ken des Holz­schnitts, des Holz­stichs und der Litho­gra­fie nicht nur zur tech­ni­schen Per­fek­tion, son­dern gera­dezu zu einer Genia­li­tät. Seine bekann­tes­ten Werke, die ihm nahezu den Sta­tus eines Pop­stars ein­brach­ten, den er aber ablehnte, beschäf­ti­gen sich mit der Dar­stel­lung per­spek­ti­vi­scher Unmög­lich­kei­ten, opti­scher Täu­schun­gen und mul­ti­sta­bi­ler Wahrnehmungsphänomene.

Man sieht Objekte oder Gebäude, die auf den ers­ten Blick natür­lich zu sein schei­nen, auf den zwei­ten aber voll­kom­men wider­sprüch­lich sind („unmög­li­che Figu­ren“). Zu sei­nen bekann­tes­ten Werke zäh­len etwa der „Was­ser­fall“ („Waterval“/„Waterfall“, 1961), für den die „Pennrose-​Treppe“ Vor­bild war, „Trepp­auf Treppab“ („Ascen­ding and Des­cen­ding“, 1960), eine auf ähn­li­che Weise kon­stru­ierte vier­eckige, end­lose Treppe, oder seine „Dra­wing Hands“ (1948): ein Blatt Papier, auf dem sich zwei ein­an­der gegen­über­lie­gen­den Hände gegen­sei­tig zeich­nen. Dane­ben wid­mete er sich auch The­men wie Möbi­us­bän­dern („Bond of Union“, 1956), Kris­tall­for­men, Spie­ge­lun­gen, opti­schen Ver­zer­run­gen, Frak­ta­len und Unend­lich­keits­an­nä­he­run­gen. Bekannt ist auch ein Selbst­por­trät in der Spie­ge­lung einer Glaskugel.

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Relief an einem Büro­ge­bäude im Hou­trust­weg in Den Haag nach M. C. Escher (Wiki­frits über Wiki­me­dia Commons)

Die Werke die­ses gro­ßen, hage­ren Man­nes ent­zie­hen sich jedoch klas­si­scher Kunst­be­trach­tung, da sie sich in keine der übli­chen Kate­go­rien ein­ord­nen las­sen. Hin­ge­gen schätz­ten ihn Wis­sen­schaft­ler und Mathe­ma­ti­ker sehr. Seine Arbei­ten nähern sich auf eine intui­tive und sinn­li­che Weise mathe­ma­ti­schen The­men und Pro­blem­stel­lun­gen an. Seine Bil­der fan­den auch Anklang bei Eso­te­ri­kern und in der Pop­kul­tur des 20. Jahr­hun­derts. Es exis­tier­ten vor allem in den USA viele Raub­dru­cke. Die Ver­ein­nah­mung etwa durch die Hippie-​Bewegung lehnte er jedoch genauso ab wie die Frei­gabe sei­ner Werke für Plat­ten­hül­len. Was i. Ü. selbst jemand wie Mick Jag­ger erfah­ren musste, der sich bei Escher eine derbe Abfuhr ein­ge­han­delt haben soll!

Die Dokumentation: M.C. Escher Documentary

Die Doku­men­ta­tion über M. C. Escher, eine Pro­duk­tion von CINE­ME­DIA in Zusam­men­ar­beit mit den nie­der­län­di­schen Fern­seh­sen­dern Neder­landse Pro­gramma Sticht­ing (NPS) und Radio Net­her­lands Tele­vi­sion (RNTV), 1999 (eng­lisch, 59 Minu­ten). Das Stand­bild zeigt übri­gens zwei der Söhne Eschers, die sich im Schwei­zer Schnee ver­gnü­gen, der ihn, Escher, nur lang­weilte. (Aber Ach­tung: Ich emp­fehle drin­gend, keine Unter­ti­tel zu ver­wen­den bzw. sie abzu­schal­ten, weil sie von gro­ben (!) Transkriptions- und Über­set­zungs­feh­lern nur so wim­meln! Mag „the duck city“ anstatt des kor­rek­ten „the Dutch city“ noch lus­tig sein, so sind bei­spiels­weise Tran­skrip­tio­nen wie die sei­nes Werks „Bond“ als „bom­bed“ gera­dezu pein­lich! Deut­sche Unter­ti­tel lie­gen nicht vor.)

Wem der Film jedoch gefällt, der/​dem sei auch noch „M. C. Escher – Artist, Mathe­ma­ti­cian, Man“ (eine Stunde, elf Minu­ten) emp­foh­len, in dem die Mathematik-​Professoren Roger Pen­rose und Jon Chap­man im Rah­men einer Oxford Mathe­ma­tics Public Lec­ture Eschers Werke erklä­ren und „dekon­stru­ie­ren“:

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Weitere Verweise

Ronald M. Filkas
Gelernter Schriftsetzer im Handsatz, Studium der Germanistik, zertifiziert abgeschlossene Fortbildungen „Web-Publishing Schwerpunkt DTP“ und Online-Redaktion, langjährige Erfahrungen als Schriftsetzer/ DTP-Fachkraft und als Korrektor und Lektor in Druckereien, Redaktionen und Verlagen. Mehr? Seite „Über mich“!

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