Als verfolgter deutscher Jude fand er Unterkunft und Schutz in den Niederlanden. Dort schuf er ein einzigartiges Werk: Curt Bloch und sein Unterwasser-Kabarett. Eine Ausstellung und eine Website erinnern an ihn und sein Werk.
Curt Bloch
Als Kurt David Bloch am 9. November 1908 in Dortmund geboren, musste der Rechtsanwalt vor der Nazi-Diktatur nach Amsterdam flüchten. Als Folge der deutschen Invasion 1940 wurde Bloch von dem Importunternehmen für persische Teppich, für das er arbeitete, nach Den Haag versetzt. Nachdem die Entrechtung der Juden und die „Arisierung“ niederländischer Unternehmen immer weiter fortschritten, verlor er jedoch in den Folgemonaten seine Arbeit.
In Enschede war er für den städtischen Judenrat tätig, einer Organisation, die von den Nationalsozialisten zur Durchsetzung ihrer Dekrete gegenüber der jüdischen Bevölkerung eingesetzt worden war. Curt Bloch, wie er sich inzwischen nannte, war dort Berater für Auswanderungsangelegenheiten.
Bald drohte auch ihm die Gefahr der Deportation in ein Konzentrationslager. Er fand jedoch Zuflucht und Schutz in Enschede. Zusammen mit einem weiteren jüdischen Paar konnte sich Bloch rund zwei Jahre auf dem Dachboden im Haus eines Ehepaars verstecken. In weiteren wechselnden Unterkünften überlebte er anschließend die Zeit der deutschen Besetzung bis zur Befreiung der Niederlande im April 1945.
Curt Bloch und sein Unterwasser-Kabarett
In seinem Versteck in Enschede begann er damit, ein wöchentliches Magazin auf einfachem Papier herzustellen: Het Onderwater-Cabaret, das Unterwasser-Kabarett. Der Name leitet sich daraus ab, dass Bloch als Untergetauchter dem Blick der Öffentlichkeit verborgen und damit „unter Wasser“ blieb. Inspiration zu seinen Texten und Material für die Gestaltung der Kollagen seiner Titelseiten fand er in Illustrierten und Tageszeitungen, die ihm seine Unterstützer/-innen neben Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Gebrauchs überließen.
Bloch publizierte 96 Magazine: 95 Hefte und eine Spezialausgabe. Jedes Heft umfasste mehrere handgeschriebene Gedichte, verfasst zumeist auf Niederländisch oder, vereinzelt, auch auf Deutsch oder Englisch.
Obwohl Bloch sein Versteck nicht verlassen durfte, versuchte er, seine Arbeit anderen Untergetauchten und ihren Unterstützern zugänglich zu machen. Die Magazine wurden von Mitversteckten und den Personen in seiner Hausgemeinschaft gelesen. Kuriere brachten sie außerdem in andere Häuser, in denen Juden versteckt waren.
Seine satirischen Gedichte, die sich gegen die Nazis im Allgemeinen und gegen Hitler, Goebbels und Göring sowie deren Statthalter in den Niederlanden richteten, gaben Hoffnung und ermöglichten mit ihrem unterhaltsamen Stil einen kurzen Ausbruch aus der harten Realität. Die Verbreitung des „Unterwasser-Kabaretts“ spielte innerhalb des Widerstandsnetzwerks in Enschede eine wichtige Rolle bei der Stärkung von Gemeinschaftsgefühl und Resilienz für die von den Nazis Unterdrückten.
Die Wiederentdeckung seines Werks
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Bloch nach Amsterdam zurück und begegnete dort Ruth Kan, einer Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz. Das Paar heiratete im Juli 1946. Im Jahr 1948 emigrierten sie nach New York. Curt Bloch hatte die Magazine, die nach der Zirkulation durch das Widerstandsnetzwerk immer wieder zu ihm zurückkamen, gesammelt und sie bei seiner Emigration mitgenommen. Dort blieben sie zunächst unentdeckt, bis seine Tochter und seine Enkelin auf die Hefte stießen.
Mithilfe des niederländischen Historikers und Autors Gerard Groeneveld sowie des deutschen Autors und Designers Thilo von Debschitz konnte Material für eine erneute Veröffentlichung zusammengestellt werden. Einen wichtigen Beitrag hierfür leistete schließlich auch das Jüdische Museum Berlin.
Eine Ausstellung und eine Website erinnern nun an ihn und sein Werk.
Das Bild links zeigt übrigens die letzte Ausgabe vom 3. April 1945, kurz nach der Befreiung von Enschede. Die Fotomontage zeigt zwei Personen, die aus einer Dachluke klettern. Die Überschrift dieser Ausgabe lautet übersetzt: „Überwasser-Finale des Unterwasser-Kabaretts“.
Die Ausstellung
Das Jüdische Museum Berlin widmet ihm die Ausstellung „Mein Dichten ist wie Dynamit“. Sie ist noch bis zum 26. Mai 2024 zu sehen. Auf der Website des Museums finden Sie auch einen Blick hinter die Kulissen der Museumsarbeit, insbesondere über die sorgsame Restaurierung der 95 Hefte in einem kurzen Video: „Het Onderwater-Cabaret“.
Die Website
Auf „Startseite – Curt Bloch“ haben Sie die Möglichkeit, einen Blick in sämtliche Hefte werfen zu können, wobei Sie seine Texte wahlweise auch in niederländischer oder englischer Sprache studieren können.
(Siehe auch in meinen Notizen „Der Engel von Hamburg“ über eine mutige Brasilianerin, die als Botschaftsangestellte zahlreichen Juden zur Flucht verhalf!)