Die Weihnachtsfeiertage stehen vor der Tür. Doch heißt es eigentlich Weihnacht oder Weihnachten? Und was unterscheidet diese beiden Formen? Ein keineswegs besinnlicher Beitrag – oder doch?
Der 25. und der 26. Dezember sind in Deutschland gesetzliche Feiertage. Im Kalender sind sie als 1. und 2. Weihnachtstag gekennzeichnet. Schon vorher aber wünschen wir frohe … ja, was nun: Weihnacht oder Weihnachten?
Weihnacht oder Weihnachten? Kommt darauf an …
Neben der allgemein üblichen Form „Weihnachten“ gebrauchen wir häufig „Weihnacht“ (Femininum Singular, also „die Weihnacht“), das vor allem in religiösen Zusammenhängen Verwendung findet. Und auch wenn „Weihnachten“ nach einer Mehrzahl klingt, ist es aber im Allgemeinen als ein Neutrum Singular anzusehen, also „das Weihnachten“:
Es war ein schönes Weihnachten.
Allerdings benutzen wir es vorwiegend ohne Artikel:
Weihnachten ist längst vorbei.
Weihnachten steht vor der Tür.
Regionaler und üblicher Sprachgebrauch
Im regionalen Sprachgebrauch, so in Österreich und der Schweiz, aber auch im Norddeutschen, wird Weihnachten häufig als Plural aufgefasst und dann überwiegend mit einem Artikelwort oder Adjektiv gebraucht:
Ich werde diese Weihnachten zu Hause bleiben.
Nächste Weihnachten werde ich nicht zu Hause bleiben.
Sonst ist es üblicher:
Zu Weihnachten werde ich zu Hause bleiben.
Nächstes Jahr Weihnachten werde ich nicht zu Hause bleiben.
Nicht auf den regionalen Sprachgebrauch begrenzt, sondern umgangssprachlich ist der Plural jedoch vor allem in der Wunschformel zum Weihnachtsfest verbreitet:
fröhliche Weihnachten!
Standardsprachlich wird „Weihnachten“ heute meist nicht als Subjekt oder Objekt mit Artikel(wort) gebraucht; dafür treten dann Komposita mit Fugen‑s ein, hier fett:
Die Weihnachts[feier]tage waren sehr anstrengend.
Das Weihnachtsfest wird in diesem Jahr sicherlich schön werden.
Die herrlichsten Weihnachtstage habe ich allein verlebt.
Es ist also standardsprachlich nicht üblich, zu sagen:
Die Weihnachten waren anstrengend.
Das Weihnachten war anstrengend.
Aus dem Mittelhochdeutschen
All diese Schwankungen im Gebrauch des Artikels, des Numerus und des Genus bei der Bezeichnung des Festes Weihnachten lassen sich sprachhistorisch erklären. Das Wort „Weihnachten“ ist ein erstarrter Dativ Plural, der sich im Mittelhochdeutschen aus der pluralischen Fügung ze wi̅hen nahten (= in den heiligen Nächten, die heiligen Mittwinternächte) losgelöst hat und jetzt weitgehend als ein selbstständiger Nominativ Singular behandelt wird.
Gut zu wissen: weihnachten als Verb
Die Frage, ob Weihnacht oder Weihnachten, stellt sich bei der Verwendung des Verbs „weihnachten“ nicht:
Es weihnachtet sehr!
Wir wenden es in der Bedeutung von „auf Weihnachten zugehen (und eine weihnachtliche Atmosphäre verbreiten)“ an.
In diesem Sinne
In diesem Sinne wünscht der Autor allen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten!
(Quelle: Duden – Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle. 8. Auflage, Berlin 2016; siehe auch Duden: „‚Die Weihnacht‘ / ‚das Weihnachten‘ / ‚die Weihnachten‘“. Bildnachweis: das Haus der Garabedian-Familie in der Bronx, New York, auch bekannt als als „The Christmas House“, Microsoft Clip Art.)
(Siehe zum Thema auch in meinen Notizen „Weihnachtsfrieden“ über ein historisches Ereignis im Ersten Weltkrieg, das konsumkritische Gedicht „Weihnachtszeit“, den Kurzfilm „The Night before Christmas“ und „Die Herzen sollen gestimmt sein froh!“ über Weihnachten im August!)
Verwirrenderweise kommt hinzu, dass die "Heilige Nacht" am 24. Dezember nicht zu den beiden Weihnachtsfeiertagen gehört, sondern erst der 25. und der 26. Dezember. Nur diese beiden Tage sind gesetzliche Feiertage. Zu Weihnachten gehört aber auch der 24. Dezember.
Verwirrend ist vor allem, dass wir Weihnachten und Heiligabend häufig gleichsetzen. Weihnacht(en) ist aber genau genommen nur der 25. Dezember, der 26. ist in vielen Ländern noch nicht einmal ein Feiertag! Der 24., also die Heilige Nacht, auch Heiliger Abend, Christnacht, Weihnachtsabend, ist in vielen Ländern ein ganz normaler Arbeitstag; lediglich am Abend oder erst in der Nacht wird es festlich.
Der 24. dient also eigentlich nur zur Vorbereitung auf die eigentlichen Festtage. Das zeigt sich auch daran, dass, zumindest hierzulande, an diesem Tag häufig nur ein einfaches Gericht auf den Tisch kommt, was daher rührt, dass der Advent bis 1917 Fastenzeit war, und zwar bis einschließlich 24. Dezember zur Mitternachtsmette (lesen Sie hierzu den Abschnitt „Adventszeit und Weihnachten“ in „Was Sie schon immer (nicht) wissen wollten (8)“ in Ronalds Notizen über die Spiritualität, die politische Dimension und Sprichwörter rund ums Essen und Trinken!). Selbst die Bescherung übrigens findet in vielen anderen Ländern an ganz anderen Tagen statt! Es hat also durchaus eine Berechtigung, weshalb der 24. nicht zu den Weihnachtsfeiertagen zählt.
Übrigens enthielt der Beitrag zwei Zahlenfehler; nämlich hatte ich den 24. und den 25. Dezember als gesetzliche Feiertage aufgeführt, aber es sind natürlich der 25. und der 26.! Peinlich zwar, aber interessant auch, dass das anscheinend niemandem aufgefallen ist.