„Remigration“ zum Unwort des Jahres 2023 gewählt

Deleaturzeichen

Eine Jury aus Sprach­wis­sen­schaft­lern gab heute bekannt, dass „Remi­gra­tion“ zum Unwort des Jah­res 2023 gewählt wurde.

Eine Jury aus unab­hän­gi­gen Sprach­ex­per­tin­nen und Sprach­ex­per­ten hat heute aus Mar­burg mit­ge­teilt, dass „Remi­gra­tion“ zum Unwort des Jah­res 2023 gewählt wurde. Der dies­jäh­rige Gast­ju­ror, der CDU-​Politiker Rupert Polenz. erklärt die Ent­schei­dung folgendermaßen:

Der harm­los daher­kom­mende Begriff Remi­gra­tion wird von den völ­ki­schen Natio­na­lis­ten der AfD und der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung benutzt, um ihre wah­ren Absich­ten zu ver­schlei­ern: die Depor­ta­tion aller Men­schen mit ver­meint­lich fal­scher Haut­farbe oder Her­kunft, selbst dann, wenn sie deut­sche Staats­bür­ger sind. Nach der Wahl zum „Unwort des Jah­res“ sollte diese Täu­schung mit Remi­gra­tion nicht mehr so leicht gelingen.

„Remigration“ Unwort des Jahres 2023

Nun, ob dies gelingt, bleibt abzu­war­ten, aber unge­ahnt aktu­ell ist die dies­jäh­rige Wahl zum Unwort auf jeden Fall; siehe die Auf­de­ckung eines gehei­men Tref­fens von AfD-​Funktionären, Rechts­extre­men, Mit­glie­dern der CDU und der erz­kon­ser­va­ti­ven Wer­te­union.

Seit Jah­ren fin­det aber bereits eine Dis­kurs­ver­schie­bung statt, näm­lich eine Nor­ma­li­sie­rung rechts­extre­mer Posi­tio­nen in der Spra­che. Die Inten­tion: meist neu­trale Wör­ter ideo­lo­gisch zu ver­ein­nah­men und völ­ki­sches Den­ken zu ver­harm­lo­sen. (Siehe hier auch „In der Wort­wahl ver­grif­fen: völ­kisch!)

Interessant auch die Plätze 2 und 3

Auf den wei­te­ren Plät­zen lan­den die Wör­ter „Sozi­al­klim­bim“ und „Heizungs-​Stasi“.

Mit dem Aus­druck „Sozi­al­klim­bim“ werde „eine beson­ders vul­nerable Gruppe – die Gruppe jener Kin­der, die von Armut betrof­fen oder armuts­ge­fähr­det sind – stig­ma­ti­siert“. In die­sem Zusam­men­hang ist schon lange zu beob­ach­ten, dass sich das Wort „in ein Netz wei­te­rer Unwör­ter ein[reihe], die dazu die­nen, eine gesell­schaft­li­che Gruppe, die kaum eine Lobby hat, zu dis­kre­di­tie­ren: soziale Hän­ge­matte, Gra­tis­men­ta­li­tät, Sozialhilfekarriere“.

Der Aus­druck „Heizungs-​Stasi“ diene „der popu­lis­ti­schen Stim­mungs­ma­che gegen Kli­ma­schutz­maß­nah­men (Gebäu­de­en­er­gie­ge­setz GEG). Diese wer­den als dik­ta­to­ri­sche Repres­sio­nen dar­ge­stellt, die gegen das Wohl der Bevöl­ke­rung durch­ge­setzt wer­den“. Wei­tere ein­ge­reichte Wör­ter, die in die­sen Bereich fie­len und durch demo­kra­ti­sche Pro­zesse in Kraft gesetzte Maß­nah­men abzu­wer­ten such­ten, seien „Heiz­ham­mer“, „Hei­zungs­ham­mer“, „Hei­zungs­ver­bot“ und „Öko-​Diktatur“ gewesen.

Nachtrag: „Klimaterroristen“ Unwort des Jahres 2022

Aus irgend­wel­chen Grün­den hat­ten wir ver­passt, hier auf das Unwort des Jah­res 2022 hin­zu­wei­sen. Dies sei hier­mit nach­ge­tra­gen: Es war das Unwort „Kli­ma­ter­ro­ris­ten“. Aus der Begrün­dung für des­sen Wahl:

Mit dem Aus­druck Kli­ma­ter­ro­ris­ten wird im öffentlich-​politischen Dis­kurs pau­schal Bezug auf Akteur:innen genom­men, die sich für die Umset­zung von Kli­ma­schutz­maß­nah­men und die Errei­chung der Ziele des Pari­ser Kli­ma­ab­kom­mens ein­set­zen. Der Aus­druck wurde im öffent­li­chen Dis­kurs gebraucht, um Aktivist:innen und deren Pro­test zu dis­kre­di­tie­ren. Die Jury kri­ti­siert die Ver­wen­dung des Aus­drucks, weil Klimaaktivist:innen mit Terrorist:innen gleich­ge­setzt und dadurch kri­mi­na­li­siert und dif­fa­miert wer­den. Unter Ter­ro­ris­mus ist das sys­te­ma­ti­sche Aus­üben und Ver­brei­ten von Angst und Schre­cken durch radi­kale phy­si­sche Gewalt zu ver­ste­hen. Um ihre Ziele durch­zu­set­zen, neh­men Terrorist:innen dabei Zer­stö­rung, Tod und Mord in Kauf. Durch die Gleich­set­zung des kli­ma­ak­ti­vis­ti­schen Pro­tests mit Ter­ro­ris­mus wer­den gewalt­lose Pro­test­for­men zivi­len Unge­hor­sams und demo­kra­ti­schen Wider­stands in den Kon­text von Gewalt und Staats­feind­lich­keit gestellt.

Weitere Verweise

Ronald M. Filkas
Gelernter Schriftsetzer im Handsatz, Studium der Germanistik, zertifiziert abgeschlossene Fortbildungen „Web-Publishing Schwerpunkt DTP“ und Online-Redaktion, langjährige Erfahrungen als Schriftsetzer/ DTP-Fachkraft und als Korrektor und Lektor in Druckereien, Redaktionen und Verlagen. Mehr? Seite „Über mich“!

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