In der Wortwahl vergriffen: Spielgerät

Deleaturzeichen

Es gibt Wör­ter, bei deren Gebrauch man sich ver­grei­fen kann, weil sie unan­ge­mes­sen oder im jewei­li­gen Zusam­men­hang schlicht falsch sind. In loser Folge neh­men wir sol­che Wör­ter unter die Lupe. Heute geht es hier um das in Fuß­ball­re­por­ta­gen oft genutzte Wort „Spiel­ge­rät“.

Als begeis­ter­ter Anhän­ger des Fuß­ball­sports und frü­her auch akti­ver Spie­ler ver­folge ich häu­fig die Live­ti­cker auf sportschau.de. Ähn­lich einem Nach­rich­ten­ti­cker, der, minüt­lich oder zumin­dest regel­mä­ßig aktua­li­siert, über eine aktu­elle Lage berich­tet, über­tra­gen dort Reporter/​-​innen ein aktu­el­les, gerade live statt­fin­den­des Fuß­ball­spiel. Hier­bei fällt mir immer wie­der der Gebrauch des Wor­tes „Spiel­ge­rät“ auf. So etwa zuletzt ges­tern wäh­rend des Live­ti­ckers zum Rele­ga­ti­ons­rück­spiel zur Zwei­ten Bun­des­liga zwi­schen dem SV Wehen Wies­ba­den und dem SSV Jahn Regensburg.

Spielgerät
„[…] und faus­tet das Spiel­ge­rät weg.“ (Bildschirm-​Schnappschuss aus dem genann­ten Live­ti­cker; eige­nes Werk)

Im Wort­laut:

Geb­hardt pariert mit der Faust! Heu­ßer zir­kelt den Frei­stoß rechts um die Mauer herum, aller­dings recht mit­tig auf das Tor. Den­noch ist das ein kom­pli­zier­tes Ding für den Jahn-​Keeper, da kurz vor ihm noch Spie­ler ein­lau­fen und die Sicht auf den Ball ver­de­cken. Geb­hardt reißt recht­zei­tig die Arme hoch und faus­tet das Spiel­ge­rät weg.

Argentina germania 1966
Hans Tikow­ski faus­tet das Spiel­ge­rät aus dem Straf­raum? Die argen­ti­ni­schen Spie­ler Solari und Mas sowie die deut­schen Til­kow­ski, Schnell­in­ger und Schulz bei der Fußball-​Weltmeisterschaft 1966 in Eng­land (Autor unbe­kannt; gemeinfrei)

An einer wei­te­ren Stelle heißt es:

Der Gast­ge­ber pro­biert es natür­lich längst mit der Brech­stange. Angha schlägt den Ball weit nach vorne, zu weit. Vuko­tić kommt noch an das Spiel­ge­rät, das aller­dings zuvor im Aus war.

Meist ist mit dem Wort der Ball gemeint, manch­mal aber auch die Tril­ler­pfeife der Schiedsrichter/​-​innen, etwa in „[…] nimmt das Spiel­ge­rät in den Mund und pfeift die Par­tie ab“.

Spielgerät?

Schauen wir uns doch ein­mal an, was der Duden über das Gerät sagt. Dort heißt es unter Bedeu­tung 1. a):

[beweg­li­cher] Gegen­stand, mit des­sen Hilfe etwas bear­bei­tet, bewirkt oder her­ge­stellt wird

Unter 1. b):

zum Tur­nen u. a. die­nende Vorrichtung

Das Digi­tale Wör­ter­buch der deut­schen Spra­che (DWDS) ist hier ein­deu­ti­ger, siehe Gerät – Schrei­bung, Defi­ni­tion, Bedeu­tung, Ety­mo­lo­gie, Syn­onyme, Bei­spiele, und die Wiki­pe­dia schränkt die Nut­zung auf Gebrauchs­ge­gen­stände „in der Tech­nik“ ein, die „dem Men­schen als Werk­zeug, Vor­rich­tung oder Aus­rüs­tungs­ge­gen­stand“ dienen.

Dem­nach mögen etwa Wip­pen oder Schau­keln auf Spiel­plät­zen Spiel­ge­räte sein, aber mit Sicher­heit kein Fuß­ball! Damit reiht sich das Wort wun­der­bar in eine Reihe von sprach­li­chen Miss­bil­dun­gen wie etwa „Gers­ten­saft“ (manch­mal sogar „Gers­ten­kalt­schale“) für „Bier“ ein, wie sie NI HAO CHINA in „Vomi­tas ver­bum“ sammelt.

Siehe auch

Ronald M. Filkas
Gelernter Schriftsetzer im Handsatz, Studium der Germanistik, zertifiziert abgeschlossene Fortbildungen „Web-Publishing Schwerpunkt DTP“ und Online-Redaktion, langjährige Erfahrungen als Schriftsetzer/ DTP-Fachkraft und als Korrektor und Lektor in Druckereien, Redaktionen und Verlagen. Mehr? Seite „Über mich“!

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